Über das Ausleben von Sehnsüchten

Gastbeitrag von Thomas Börgel zum Thema: Der Markencode

Rosenmontag. Auch wenn ich nun wirklich kein Karnevalist bin, schaue ich mir das bunte Treiben auf den Straßen doch sehr gerne an. Als kleiner Junge wollte ich mich immer lieber als Pirat statt Cowboy verkleiden und konnte es kaum abwarten, bis der Kamelle-Regen auf uns niederprasselte – auch wenn das sicher nicht der primäre Sinn des Karnevals war oder ist. Aber worum geht es denn überhaupt?

Eine der spannendsten Geschichten dazu scheint der römischen Zeit – in diesem Fall sogar besser: der römischen Sitte – zu entstammen: »Die tollen Tage«. Das hieß, verkleiden, feiern und keine Rücksicht auf das eheliche Treuegelübde Rücksicht nehmen zu müssen, denn das wurde an diesen Tagen vorsorglich außer Kraft gesetzt. Gar nicht so weit weg von der Realität, oder? Oder geht es doch darum, die Geister des Winters zu vertreiben?

Was soll ich sagen? Für einen geborenen Münsterländer und Westfalen wirft das »Konzept Karneval« auch in der heutigen Zeit noch Fragen auf. Fragen, die man sich am Besten von einem Rheinländer beantworten lässt. So hat mir dann vor einigen Jahren ein sehr guter Freund – seines Zeichens bekennender Kölner – gesagt, worum es (ihm) im Karneval wirklich geht: das Ausleben von Sehnsüchten. Hiermit stellte er sich allerdings weniger auf die Seite des römischen Mottos, als vielmehr auf die Möglichkeiten, seine Wünsche und Träume ohne jeden Zwang öffentlich ausleben zu können.

Ausgestattet mit diesem Wissen, freue ich mich nun alljährlich auf den großen Lindwurm der Freude und schaue mir mit sicherem Abstand an, von welchen Sehnsüchten die Menschen in meiner Heimatstadt so getrieben werden. Neben den üblichen Clowns, Prinzen, Prinzenmariechen und fast jeder Form von großen und kleinen Tieren waren – subjektiv betrachtet – in diesem Jahr auffällig viele Superhelden auf den Straßen unterwegs!

Was hat das alles nun mit dem Markencode zu tun? Am Beispiel Karneval kann man sehr schön sehen, warum die wirkungsbezogenen, identitätsbasierten Markenkonzepte doch nur an der Oberfläche kratzen. Für einen Tag in eine andere Identität einzutauchen? Kein Problem. Aber an Aschermittwoch ist alles wieder vorbei. Abgeschminkt, nicht kostümiert und hier und da auch schon mal leicht verkatert.

Was das Ausleben von Sehnsüchten aber mit der richtigen Wahl der Zielgruppe zu tun hat und wie sich Marken darauf einstellen können, ohne das eigene, klare Profil zu verwässern oder gar zu verlassen, werde ich im Spetember 2016 in Linz im Marken-Workshop darstellen.

Ich freue mich darauf! Ihr Thomas Börgel

PS: Die Interpretation, was es denn nun über meine Sehnsüchte sagt, dass ich mich als Kind lieber als Pirat als Cowboy verkleidete, überlasse ich dabei besser Ihnen.

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